Lexikon
Neoklassizismus

Der Neoklassizismus bezeichnet die späteste Stilstufe des Historismus, in der man sich besonders gegen Ende des 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erneut auf das klassische Altertum bezog, das aufgrund seiner Vollendung als Vorbild dienen sollte. In diesem Sinne sind Anklänge an den Klassizismus zu erkennen, der ähnliche Prinzipien vertrat. Sowohl in der Architektur als auch in der Malerei und Bildhauerei sind neoklassizistische Tendenzen auszumachen.
Für die Bildhauerei ist Max Klinger (1857-1920) anzuführen, dessen Skulpturenauffassung unter anderem an der mehrfarbigen antiken Plastik geschult ist: Eindrucksvolles Beispiel hierfür ist die monumentale, auf einem Sockel positionierte und in verschiedenen Steinsorten gearbeitete Figur des "Beethoven" (1886-1902).
In der Architektur ist das einende Merkmal des neoklassizistischen Stils eine grundsätzliche Orientierung an antiken Bauwerken, von denen die klar gegliederten Baukörper, die klassischen Säulenordnungen, die Portikusanlagen und die Giebelformen zwar entlehnt, oftmals aber auch in modifizierter Form übernommen wurden. Neben der Antike wurden die klassizistischen Bauten von Karl Friedrich Schinkel rezipiert. Im neoklassizistischen Stil bauten unter anderem Peter Behrens, Heinrich Tessenow und Adolf Loos.
In einer monumental gesteigerten Sprache wurde der neoklassizistische Stil für Bauprojekte im faschistischen Italien und im nationalsozialistischen Deutschland benutzt und kam beispielsweise in den Entwürfen Albert Speers oder Paul Ludwig Troosts zum Ausdruck.
Noch in der Postmoderne sind neoklassizistische Anklänge, oftmals zitathaft, in der Architektur anzutreffen (James Stirling, Neue Staatsgalerie Stuttgart, 1977-84).