Lexikon
Process Art

Im Begriff "Process Art" selbst offenbart sich die Charakterisierung dieser genuin amerikanischen Kunstform: Da der Prozess der zeitliche wie inhaltliche Ablauf eines Ereignisses ist, wird bei der Process Art der Herstellungsprozess als wesentliche Entäußerung des schöpferischen Aktes proklamiert. Das aus dem Schaffensprozess resultierende materialisierte Objekt fungiert, falls vorhanden, lediglich als dinglicher Zeuge seiner Schöpfung, womit ihm in der Konsequenz weniger Beachtung zuteil wird. Auf der Grundlage dieser Merkmale ist die Process Art weniger eine Stildefinition als vielmehr ein Sammelbegriff für bestimmte künstlerische Herangehensweisen.
Ein weiterer Aspekt ist der ephemere Charakter der Process Art, an deren Ende bisweilen kein Kunstobjekt übrig bleibt. Richard Serra und Robert Morris erschufen in den 1960er Jahren Werke, welche die Prinzipien der Process Art besonders anschaulich zum Ausdruck bringen. Richard Serra (geb. 1939) befragte verflüssigtes Blei nach seinen Eigenschaften, indem er es an eine Galeriewand schleuderte ("Splashing", 1968). Robert Morris (geb. 1931) ließ in einigen seiner Arbeiten den Betrachter an einer Art Wandlungsprozess teilhaben, wenn er beispielsweise ein Materialarrangement über einen gewissen Zeitraum hinweg kontinuierlich veränderte ("Continuous Project Altered Daily", 1969). Vor diesem Hintergrund sind einerseits Verbindungen zur Aktionskunst, andererseits zur Land Art, in der Reduktion der künstlerischen Mittel auch zur Minimal Art fassbar zu machen. Darüber hinaus sind postminimalistische künstlerische Positionen mit der Process Art in Relation zu bringen, da hier wie dort die handlungszentrierte Komponente die skulpturale Arbeit prägt. An dieser Stelle sind gleichzeitig Informel und Action Painting als Stichwortgeber greifbar. Künstler, die den Prinzipien der Process Art in ihrem Oeuvre nachgehen, sind ferner Barry Flanagan, Eva Hesse und Keith Sonnier.