Lexikon
Surrealismus in Spanien

Als "terre surréaliste" hatte bereits André Breton Spanien bezeichnet, und tatsächlich fiel der Surrealismus hier auf besonders fruchtbaren Boden.
An erster Stelle müssen bezüglich eines spanischen Surrealismus die beiden Großmeister dieser Strömung, Salvador Dalí (1904-89) und Joan Miró (1893-1983), genannt sein, die beide aus Katalonien stammten. Joan Miró war 1919 nach Paris gekommen und rechnete dort 1924 zu den Unterzeichnern des ersten "Surrealistischen Manifests" von André Breton. Gemeinsam mit Max Ernst entwickelte er Ballettdekorationen, und auch von Paul Klee empfing der Spanier Anregungen. Seine Bilder, die von heiteren bis skurrilen, biomorph abstrahierten Formen durchzogen sind, zählen zu den bedeutendsten Äußerungen eines eher spontanen und impulsiven "Absoluten Surrealismus". Salvador Dalí aus der katalanischen Stadt Figueras wurde 1928 von seinem Landsmann Joan Miró in die Pariser Breton-Gruppe eingeführt. Zwei Jahre darauf entwickelte er die "paranoisch-kritische Aktivität", eine Methode, die einer Geisteskrankheit ähnelnde Zustände zur Bewusstseinserweiterung herbeiführen und für die Kunst dienstbar machen sollte. Der überscharfe Blick des Paranoikers auf seine dämonischen Seelenbilder spiegelt sich im Veristischen Surrealismus Salvador Dalís wider.
Doch nicht nur in Katalonien, auch in anderen Regionen Spaniens prägten sich reiche surrealistische Traditionen aus: In Madrid arbeiteten Salvador Dalí und seine Freunde, der Schriftsteller Federico García Lorca und der Filmemacher Luis Buñuel, an einer Weiterentwicklung des surrealistischen Themenrepertoires. Alfonso Buñuel, der Bruder von Luis Buñuel, wurde wie einige andere Künstler in Aragonien von den durch Max Ernst eingeführten neuen Techniken angeregt.
Aus Teneriffa stammte Oscar Domínguez, und schon im Jahr 1935 wurde auf der Insel auch eine internationale Ausstellung des Surrealismus ausgerichtet, an der sich unter anderem André Breton und Benjamin Péret beteiligten.