Auktion: 553 / Contemporary Day Sale am 07.06.2024 in München Lot 112

 

112
Henry Moore
Maquette for Reclining Figure: Angles, 1975.
Bronze mit brauner Patina
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 177.800

(inklusive Aufgeld)
Maquette for Reclining Figure: Angles. 1975.
Bronze mit brauner Patina.
Hinten auf dem Sockel mit der Signatur und der eingeschlagenen Nummerierung. Eines von neun Exemplaren (zzgl. eines Künstlerexemplars). Höhe: 11,2 cm (4,4 in). Mit dem Sockel: 13,5 x 23,3 x 15,2 cm (5,3 x 9,2 x 6 in).
Gegossen 1975 von The Morris Singer Foundry Ltd., Basingstoke. [CH]

Weitere Werke aus der Sammlung Dr. Theo Maier-Mohr werden in unserem Evening Sale am Freitag, 7. Juni 2024 und in unserem Modern Art Day Sale am Samstag, 8. Juni 2024 angeboten – siehe Sonderkatalog „Eine private Sammlung – Dr. Theo Maier-Mohr”.

• Maquette für die 1979 in großem Format ausgeführte Arbeit "Reclining Figure: Angles" (u. a. im Hakone Open Air Museum, Japan, und in der Art Gallery of New South Wales, Sydney).
• Die liegende Figur zählt ab den 1920er Jahren bis zu seinem Tod 1984 zu den bedeutendsten Themen im Schaffen Henry Moores.
• Innerhalb ihrer anatomisch verzerrten Gliedmaßen und Proportionen vereint "Reclining Figure: Angles" eine Vielzahl asymmetrischer Formen und verschiedener spitzer Winkel ("angles").
• Inspiration findet Moore u. a. in den Chac Mo'ol, einer Gruppe von Steinplastiken in Mesoamerika (dat. ca. 900–1200).
• Seit nahezu 50 Jahren Teil derselben deutschen Privatsammlung.
• Ein weiterer Guss dieser Maquette befindet sich in der Art Gallery of Ontario in Toronto
.

Das Werk ist bei der Henry Moore Foundation, Hertfordshire, unter der Nummer LH 673 verzeichnet.

PROVENIENZ: Fischer Fine Art Ltd., London.
Sammlung Dr. Theo Maier-Mohr (1976 vom Vorgenannten erworben).
Seitdem in Familienbesitz.

LITERATUR: Alan Bowness, Henry Moore. Sculpture and Drawings, Bd. 5 (1974-1980), London 1983, WVZ-Nr. 673 (m. SW-Abb., anderes Exemplar).

"The reclining figure gives most freedom compositionally and spatially. The seated figure has to have something to sit on. You can't free it from its pedestal. A reclining figure can recline on any surface. It is free and stable at the same time [..] also, it has repose, it suits me."
Henry Moore, zit. nach: Henry Moore Foundation, Reclining Figure: Angles (Sculpture Summary), https://catalogue.henry-moore.org/objects/25963/reclining-figure-angles?ctx=1eb28ed4f
a6fcdd4d6bb964a374c5203f246443b&idx=6

Die menschliche Figur bildet in ganz verschiedenen Haltungen, Posen und Formgebungen das zentrale Thema im Schaffen Henry Moores. Schon in den 1920er Jahren beschäftigt sich der Künstler in seinen in Holz oder Stein geschnittenen Skulpturen, den sog. "Carvings", mit der Darstellung der liegenden menschlichen Figur, bspw. in "Reclining Figure" von 1929 (Stein, Leeds Museums and Galleries). Bis zu seinem Tod 1986 lässt sich das Motiv in einer Vielzahl seiner erstaunlich variantenreichen plastischen Arbeiten und Zeichnungen wiederfinden, gehört damit zu den wichtigsten Themen seines gesamten künstlerischen Schaffens: "In meinem Werk gibt es drei immer wiederkehrende Themen: 'Mutter-und-Kind', die 'Liegende Figur' und die 'inneren und äußeren Formen'. In manchen Figuren verbinden sich zwei oder auch alle drei Themen" (Henry Moore, zit. nach: Ausst.-Kat. Henry Moore. Ursprung und Vollendung, München 1996, S. 12) So verbindet der Künstler die "Reclining Figure" (die Liegende) in einigen Arbeiten mit dem Mutter-und-Kind-Thema, so zum Beispiel in "Draped Reclining Mother and Baby" (1983, Bronze, J. Paul Getty Museum, Los Angeles). Die vielseitigen Variationen beweisen die außerordentlichen räumlichen und kompositionellen Freiheiten, die Moore in den "Reclining Figures" auslotet und die es ihm erlauben, innerhalb desselben Sujets immer neue Formen zu entwickeln. "Es gibt drei grundlegende Posen für die menschliche Gestalt: Stehen, Sitzen und Liegen. [..] zwischen [der sitzenden oder liegenden Figur] gibt es genügend Varianten, um einen Bildhauer sein Leben lang zu beschäftigen. […] Von den drei Stellungen bietet jedoch die liegende kompositorisch wie räumlich gesehen die größte Freiheit. […] Sie ist frei und stabil zugleich. Sie fügt sich in meine Überzeugung, dass Plastik etwas Dauerndes sein sollte, etwas, das für die Ewigkeit gemacht ist." (Henry Moore, zit. nach: Ausst.-Kat. Henry Moore. Ursprung und Vollendung, München 1996, S. 71)
Henry Moores Werke kommunizieren in ihren Formen, aber auch in ihrer Vitalität und Intensität mit Elementen der Landschaft und Natur. Zum einen spricht der Künstler selbst von seiner Fähigkeit, die Natur zu vermenschlichen, d. h. in der Landschaft, aber auch in organischen Dingen, in Steinen, Muscheln und Treibholz stets die menschliche Figur zu entdecken. Zum anderen haucht Moore seinen Figuren wiederum ein gewisses Gefühl von Natur und Landschaft ein: Ihre zum Teil recht wuchtigen Torsi ähneln Baumstämmen oder Felsbrocken und die monumentalen Außenskulpturen erinnern mit ihren gerundeten Gliedmaßen oftmals an die sanft geschwungenen Hügel der sie umgebenden englischen Landschaft (vgl. Ausst. "Vitality: The Human Landscapes of Henry Moore", 2023, Henry Moore Foundation, Perry Green).
Die den Skulpturen immanente Vitalität ist wie in der hier angebotenen Arbeit u. a. auf die dynamische Pose der Liegenden zurückzuführen. Auf ihren linken Arm gestützt, das Gewicht nach links verlagert, beide Beine angewinkelt und den Blick in die Ferne gerichtet, wirkt die Liegende nicht wie eine passive Beobachterin, sondern evoziert mit ihrer so modernen Formensprache und in ihrer aufrechten Haltung Aufmerksamkeit, Selbstbewusstsein und Aktivität. [CH]



112
Henry Moore
Maquette for Reclining Figure: Angles, 1975.
Bronze mit brauner Patina
Schätzung:
€ 100.000
Ergebnis:
€ 177.800

(inklusive Aufgeld)